Das Wetter spielt nicht mit, wie auf der Hinfahrt ist es in alle Richtungen sehr sehr bescheiden. Ich habe mir zwei Routen erstellt, eine für schönes Wetter, die geht über hohe Pässe und eine einfachere Alternative. Den Unterschied sieht man hier, blau ist die tatsächlich gefahrene Strecke, rot und mit 1 gekennzeichnet die verworfene Alternative. So stellt sich das in Calimoto dar.
Es kommen insgesamt nur 2554 Höhenmeter zusammen, das ist nicht was ich mir vorgestellt habe. Als ich mich irgendwann Roncesvalles oder französisch Roncevaux nähere fängt es auch noch richtig an zu regnen. Das macht keinen Spass mehr und ich lege eineRast ein.
Hier ist praktisch die erste Pilgerstation von Saint-Jean-Pied-de-Port Richtung Santiago de Compostella. Der Name des Ortes kommt mir irgendwie bekannt vor und richtig, bei meinem Besuch damals in Rocamadour erfahre ich von Durendal, dem Wunderschwert von Roland. Nach der Niederlage in der Schlacht von Roncesvalles (daher kenne ich den Namen) will er nicht, dass das Schwert den Sarazenen in die Hände fällt. Einer Sage nach wirft er es weg und es bleibt in Rocamadour im Fels stecken. Dort ist es heute noch zu sehen.
Nach der Pause ist das Wetter noch schlechter geworden, ich sehe kaum noch die Hand vor den Augen. Die Abfahrt nach Saint-Jean-Pied-de-Port ist vollkommen spassbefreit und ich bin froh als ich endlich den Ort erreiche. Dort ist es dann endlich einigermassen trocken. Die Hausdame an der gebuchten Gites ist mächtig erschrocken als ich auftauche. Gewohnt an Pilger mit Rucksack hat sie wohl eher selten Kontakt mit Motorradfahrern, speziell im Regenanzug. Sie schaut mich an wie einen Alien aber es klärt sich alles. Als ich den Helm und die Haube ablege erkennt sie in mir einen normalen Menschen.
In Saint-Jean-Pied-de-Port hat bereits Hape Kerkeling sich seinen Pilgerausweis abgeholt und auch einen Cafe genuckelt. Ich lerne beim Cafe eine Paar aus dem Ruhrpott kennen. Die Zwei haben sich für die entspannte Pilgervariante entschieden: Gepäcktransfer ist gebucht und auch die Strecke nach Roncesvalles wird auf zwei Etappen gemacht. Auf der Suche sind sie nicht, ist eher eine Wanderung und es geht auch nur eine Woche Richtung Santiago. Wenn es gefällt machen sie dann eventuell nächstes Jahr weiter. Oder sie wählen den Eifelsteig oder was auch immer.
Durch den Ort schlendernd werde ich auf das Geschäft der Familie Cavier aufmerksam. Im Angebot finden sich auch Baskenmützen, alle Formen, alle Farben. Es sind Produkte der Firma Laulhère, die fertigt immer noch aufwändig im nahe gelegenen Oloron Sainte Marie. Ich lasse mich beraten und finde einen Ersatz für die in La Seu dÚrgell verlorene Kappe.
Angenehm überrascht bin ich von der Einfachheit der Kirche im Ort. Ich erwarte Bombast, irgendwie in Relation zu den Unmengen an Menschen die hier durch den Ort kommen, werde aber auf das angenehmste überrascht. Meiner Mutter hätte es hier sicher auch gefallen und so zünde ich ihr eine Kerze an.
Der Ort ist natürlich durch die Pilger geprägt und wie in Le-Puy-en-Velay besteht die Hauptauslage in den Schaufenstern der Apotheken aus Blasenpflaster. Ist aber Alles erträglich und nicht aufdringlich.
Auch hier hat Vauban gewirkt, den könnte ich auch mal zum Thema einer Reise machen. Seine Bauten finde ich von der Bretagne über Luxemburg bis hierher, quer durch Frankreich. Zur Zitadelle geht es vorbei an Herbergen und dem Pilgerbüro durch die Rue de la Citadelle. Aus dem Büro werde ich freundlich eingeladen, aber der Jakobsweg steht jetzt nicht in meinem Programm.
Von dem Ort bin ich wirklich überrascht. Wie bei der Kirche hatte ich etwas anderes befürchtet. Nicht der erwartete Pilgerstress oder extremer Nepp, im Gegenteil, etwas Kitsch, Wanderausrüstung und sehr relaxt.
Nur das Wetter enttäuscht. Die nächsten Tage ist für die Pyrenäen aber auch gar keine Besserung in Sicht. Pässe räubern kann ich abhaken, der nächste Plan B muß erstellt werden. Lot, Tarn, Cevennen scheiden auch aus.